Ersatzteile und Bevorratungspflicht
Beim Kauf eines technischen Produktes sind Käufer daran interessiert, ein hochwertiges und möglichst langfristig funktionierendes Erzeugnis zu erwerben. Doch auch bei höchster Qualität geht gelegentlich ein Bestandteil kaputt oder büßt zumindest seine vollständige Funktionalität ein. Nicht immer ist dann ein Neukauf erforderlich. Häufig reicht auch der Tausch eines nur kleinen Gerätebestandteils. Doch wie sieht es mit der Lieferpflicht für Ersatzteile aus? Sind Hersteller grundsätzlich dazu verpflichtet, austauschbare Ersatzteile zu bevorraten und für welchen Zeitraum?
Die rechtliche Lage: Freiwilliger Ersatz oder vertragliche Vereinbarung?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine gesetzliche Ersatzteilgarantie, welche einen Hersteller dazu verpflichtet, Ersatzteile für seine Produkte anzubieten. Er muss sie weder zur Verfügung stellen noch für einen bestimmten Zeitraum generell bevorraten. Dies gilt sowohl für deutschlandweite Gesetze und Verordnungen als auch in Hinblick auf eventuelle europäische Richtlinien.
Viele Kunden und vor allem auch zahlreiche Händler sind dennoch der Ansicht, es gebe eine Verpflichtung zur Ersatzteilverfügbarkeit und Bereitstellung für den Zeitraum von zehn Jahren. Dies führt dazu, dass dies auch häufig in Bedienungsanleitungen oder Produktbeschreibungen formuliert wird. In juristischer Hinsicht ist dieser Hinweis allerdings nicht haltbar. Konkret bedeutet das: Auch wenn sehr viele Hersteller auf freiwilliger Basis Ersatz anbieten, können sie nicht in die Pflicht genommen werden, wenn ein Ersatzartikel letztlich nicht vorrätig ist.
Anders verhält es sich, wenn sie ausdrücklich eine solche Versorgung in ihren Kaufverträgen definieren. die Leistung also Bestandteil des Rechtsgeschäfts ist. In dem Fall handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung, auf deren Erfüllung der Kunde Anspruch hat.
Unterschied Ersatzteilpflicht und Nacherfüllungspflicht
Wie so oft liegt die Krux hier im Detail. Auch wenn keine gesetzliche Vorgabe zur Ersatzteillieferung besteht, eine Nacherfüllungspflicht besteht durchaus. Sie ist Bestandteil der sogenannten Mängelfrist im Rahmen der Gewährleistung. Die Dauer der gesetzlichen Gewährleistung ist in Deutschland sowie dem größten Teil der EU-Länder zwei Jahre.
Ein Defekt am Produkt, der die Verwendung eines Ersatzteils bedeuten würde, ist als mangelhafte Leistung zu bewerten, für den der Hersteller Ersatz beschaffen muss. Ob er dies in Form eines Austauschs, einer Reparatur oder auf andere Weise vornimmt, bleibt ihm überlassen. Das Ergebnis muss ein vollständig funktionstüchtiges Produkt sein. Der Kunde hat hierbei keinen Anspruch auf eine Ersatzteilverfügbarkeit, sondern muss dem Hersteller die Wahl der Nacherfüllung überlassen.
Er ist auch erst dann berechtigt, beispielsweise auf eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises oder eine Schadensersatzforderung zurückzugreifen, wenn der Hersteller die Möglichkeit hatte, den bestehenden Mangel zu beseitigen. Eine Wahl der Art und Weise einer Ersatzleistung hat der Kunde hierbei nicht.
Leistungserbringung ohne vertragliche Vereinbarung
Auch wenn es keine offizielle Bevorratungspflicht gibt: Regelungen vor allem für den Bereich der Industrieproduktion gibt es dennoch. Hierbei handelt es sich um technische Produkte wie beispielsweise Maschinen oder Kraftfahrzeuge, die gegebenenfalls ohne die Verwendung von Ersatzteilen funktionsunfähig würden. In dem Fall können Hersteller aufgefordert sein, die entsprechenden Ersatzteile für den Zeitraum zur Verfügung zu stellen, der für die übliche Nutzung des Produktes angemessen ist. Dies gilt in der Regel ausschließlich für entsprechende sogenannte technische Industrieprodukte.
Es gab bereits Urteile, die sich auf die „Leistung nach Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) beziehen. Danach steht ein Schuldner in der Pflicht, eine Leistung so zu erbringen, dass das Produkt auch ohne eine Vereinbarung in Form eines Vertrags eine gewisse Zeit funktionieren muss. Bei einem Neuwagen der aktuellen Modellreihe wurden hier beispielsweise 12 Jahre ins Feld geführt.
Bei der Ersatzteillieferung an den Kunden ist allerdings auch hier der Händler selbst nicht dazu verpflichtet, sich in irgendeiner Weise zu bevorraten. Er muss lediglich dafür sorgen, das gewünschte Bauteil zeitnah beim Hersteller zu beschaffen. Erst wenn dieser nicht in der Lage ist, seiner Pflicht nachzukommen, ist der Kunde berechtigt zu einer Schadensersatzforderung oder sogar noch nach Jahren zum Rücktritt vom Kaufvertrag.
Beste Absicherung vor dem Kauf eines Produktes
Vor der Anschaffung eines Produktes ist es hilfreich, sich vorab zu informieren, ob überhaupt Ersatzteile bereitgestellt werden. Gerade auch im Online-Handel bieten zahlreiche Händler ein umfangreiches Ersatzteilsortiment und werben mit langen Zeitspannen der Verfügbarkeit.
Sollte dies nicht der Fall sein, so gibt es einen großen Markt an Händlern, die sich auf Ersatzteil-Herstellung spezialisiert haben und für gängige Produkte innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Bauteile zusenden können. In vielen Fällen ist eine Ersatzteil-Bevorratung jedoch mit sehr hohen Kosten für die Lagerhaltung verbunden, sodass vor allem Online-Händler stets abwägen, ob dies in einem ausgewogenen Verhältnis zum verkauften Produkt steht.