Keine Schenkungs- und Erbschaftssteuer bei Kulturgütern | AdvoGarant
Der unentgeltliche Erwerb von Kulturgütern ist unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit. So soll verhindert werden, dass Erben oder Beschenkte wegen der Steuerbelastung gezwungen sind, an ausländische Personen zu veräußern.
Voraussetzung für ganze oder teilweise Steuerbefreiung
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz enthält eine Sonderregelung für Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive. Diese sind nicht in voller Höhe zu versteuern, wenn die Erhaltung dieser Gegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt.
Tipp: Bei Grundbesitz bleiben 85 Prozent und bei den anderen Gegenständen 60 Prozent steuerfrei, wenn die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen und die Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht sind oder werden.
Die Voraussetzung dafür, dass die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen, ist insbesondere dann erfüllt, wenn im Zusammenhang mit den genannten Gegenständen keinerlei Einnahmen erzielt werden. Zu den Einnahmen rechnet unter anderem auch der Mietwert der eigenen Wohnung. Zu den jährlichen Kosten gehört auch die Abschreibung (so genannte Absetzungen für Abnutzung). Bei den Kosten kann die Verzinsung des Eigenkapitals nicht berücksichtigt werden.
20 Jahre Familienbesitz oder Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes
Der Erwerb von Kulturgütern bleibt sogar vollständig steuerfrei, wenn der Erwerber bereit ist, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalpflege zu unterstellen. Zusätzliche Bedingung ist, dass sich diese mindestens seit zwanzig Jahren im Familienbesitz befinden müssen oder in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind.
Bei der Prüfung des Merkmals der zwanzigjährigen Zugehörigkeit zum Familienbesitz ist jeweils auf den einzelnen Kunstgegenstand abzustellen. Für Kunstgegenstände, die erst innerhalb der letzten zwanzig Jahre vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung geschaffen oder angeschafft wurden, kann die Steuerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Kunstsammlung, zu der der Gegenstand gehört, sich schon mindestens 20 Jahre im Familienbesitz befindet.
Tipp: Begünstigt sind auch Teile von Grundbesitz. Das lässt es zu, nicht nur Gebäude oder räumlich abgeschlossene Gebäudeteile zum begünstigungsfähigen Vermögen zu rechnen, sondern auch einzelne Gebäudebestandteile wie Fassaden oder Treppenhäuser.
Standort Deutschland
Begünstigt sind nur Kulturgüter, die sich in Deutschland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums befinden und für mindestens zehn Jahre dort verbleiben. Sie müssen in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der Allgemeinheit, mindestens aber den interessierten Kreisen ohne weiteres zugänglich sein. Dies muss allgemein erkennbar sein.
Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn die Gegenstände innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb veräußert werden oder die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung innerhalb dieses Zeitraums entfallen.
Erwerber muss bereit sein, Kulturgüter der Denkmalpflege zu unterstellen
Die Bereitschaft, die Kulturgüter der Denkmalpflege zu unterstellen, kann bereits beim Erblasser oder Schenker vorgelegen haben. Es ist aber auch ausreichend, wenn sie erst vom Erwerber erfüllt wird. Die Steuerbefreiung knüpft an den Erwerb an, die Voraussetzungen sind deshalb in jedem Fall vom Erwerber zu erfüllen.
Die Denkmaleigenschaft kommt Kulturgütern auch ohne einen hoheitlichen Akt (zum Beispiel die Eintragung in ein Verzeichnis) zu, wenn sie die Anforderungen an ein Denkmal erfüllen. Eine Eintragung in die Denkmalliste ist daher nicht zwingend erforderlich.
Tipp: Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen kann die Steuerbefreiung auch für bewegliche Gegenstände zur Anwendung kommen, die nach dem maßgebenden Landesdenkmalschutzgesetz nicht unter Schutz gestellt werden können.
Feststellungslast liegt beim Steuerpflichtigen
Bei der Voraussetzung, den Gegenstand oder die Sammlung den geltenden Bestimmungen der Denkmalpflege zu unterstellen, handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, auf dessen Vorliegen nur anhand objektiver Sachverhalte geschlossen werden kann. Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige.
Tipp: Der Nachweis gilt als erbracht, wenn der Steuerpflichtige in einer Erklärung gegenüber der Denkmalbehörde seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, die Vorschriften des jeweils landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalpflege einzuhalten.
Zuständige Denkmalbehörde ist bei beweglichen Kunstgegenständen die Behörde an dem Ort, an dem sich der Gegenstand beziehungsweise die Sammlung zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer befindet oder zeitnah verbracht wird.
Vorsicht Falle: Kann die Ernsthaftigkeit der gegenüber der Denkmalschutzbehörde abgegebenen Erklärung substantiiert widerlegt werden, zum Beispiel weil keine erhaltenden Maßnahmen getroffen werden, kann die Befreiung trotz der Erklärung nicht gewährt werden.
Indizien zugunsten der Erwerber
Nach Auffassung der Finanzverwaltung können folgende (erhaltende) Maßnahmen in einer Gesamtschau als Indizien für den objektiven Nachweis der Bereitschaft des Steuerpflichtigen dienen, die Vorschriften des jeweils landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalspflege einzuhalten:
- Abschluss eines Leih- und Kooperationsvertrags mit einem fachlich einschlägigen Museum,
- konservatorisch einwandfreie und sichere Aufbewahrung und Pflege,
- Einleitung von Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierung, Restaurierung und Ergänzung,
- Eintragung von Kunstgegenständen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach dem Kulturgutschutzgesetz.
Als Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierung, Restaurierung und Ergänzung mit Indizwirkung für die Bereitschaft zur Einhaltung der Vorschriften zur Denkmalpflege sind allerdings nur solche Maßnahmen anzusehen, die sich entweder unmittelbar aus der Denkmaleigenschaft ergeben oder die zumindest in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde erfolgen. Betrifft die Denkmaleigenschaft nur Teile eines Vermögensgegenstandes, müssen sich die Maßnahmen auf diesen Teil beziehen.
Zeitlicher Zusammenhang mit Erbschaft oder Schenkung erforderlich
Ergreift erst der Erwerber die genannten Maßnahmen, sind diese in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb zumindest einzuleiten. Dabei sind circa sechs Monate nach Erlangung der Kenntnis vom Erwerb durch den Steuerpflichtigen noch als rechtzeitig anzusehen. Wird dieser Zeitraum überschritten, kann die Begünstigung nur in begründeten Ausnahmefällen (zum Beispiel aufgrund von Erbstreitigkeiten) gewährt werden.
Der Steuerpflichtige hat gegebenenfalls darzulegen, welche Gründe das Einleiten der Maßnahmen innerhalb des Sechsmonatszeitraums verhindert haben und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat.
Nicht ausreichend ist es, die objektiven Maßnahmen, die als Indiz für den Nachweis der Bereitschaft dienen sollen, erst innerhalb von zehn Jahren einzuleiten oder zu verwirklichen.
Allgemeine Steuerbefreiung für Hausrat
Kunstgegenstände sind dem Hausrat zuzurechnen, wenn sie für sich genommen keinen besonderen Wert haben und zur Wohnungseinrichtung gehören. Dann greift der so genannte Hausratsfreibetrag. Bei Steuerpflichtigen der Steuerklasse I (zum Beispiel Kinder, Eltern) bleiben danach Gegenstände des Hausrats einschließlich Wäsche und Kleidungsstücken bis zu einem Betrag von 41.000 Euro steuerfrei. Darüber hinaus wird Erwerbern der Steuerklasse I ein zusätzlicher Freibetrag in Höhe von 12.000 Euro für andere bewegliche körperliche Gegenständen gewährt. Bei Erwerbern der Steuerklasse II (zum Beispiel Geschwister) und Steuerklasse III (nicht verwandte Erwerber) beschränkt sich die Steuerbefreiung auf einen zusammengefassten Freibetrag für Hausrat, Wäsche, Kleidungsstücke und andere bewegliche körperliche Gegenstände von lediglich 12.000 Euro.